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Schwere Zeiten für Apple

Mit der Bekanntgabe der Geschäftsergebnisse für das zurückliegende Geschäftsquartal enttäuschte Apple nicht nur Analysten und Anleger. Es warf die Sorge um die Zukunft des wertvollsten Technologie-Konzerns der Welt auf. Seit gestern stellt sich die Frage, wie lange Apple seinen Führungsanspruch noch wahren kann. Während Google, Facebook oder Amazon klare Visionen ihrer Vorstellung der Zukunft aufzeigen und wie besessen in diese investieren, hüllt sich der Konzern aus Cupertino geradezu stoisch in Schweigen -- prognostiziert rückläufige Umsätze.

Einmal mehr verkündete Apple gestern, am 27.1., ein Rekord-Quartal: 51 Millionen verkaufte iPhones, 26 Millionen abgesetzte iPads und knapp fünf Millionen Mac-Computer. Und wie im vergangenen Jahr stürzte die Apple-Aktie darauf hin um rund 50 Dollar ab. Soweit, so gewöhnlich. Doch etwas ist dieses Mal anders. Es ist der Ausblick, der nicht nur Anleger schockiert, sondern vielerorts die Frage aufkommen lässt, ob damit der unwiderrufliche Abschied von der Weltspitze eingeläutet wurde.

Das Gute gleich vorweg: Die Mac-Computer-Verkäufe stiegen trotz ausbleibender Innovationen um 17% und der neue Mac Pro dürfte für weiteres Umsatzwachstum aus diesem Segment sorgen. Ähnliches gilt für die Tablets: Nach zwei stagnierenden Quartalen zeigte Apple, dass man mit den richtigen Verbesserungen für Wachstum sorgen kann: Das iPad verkaufte sich immerhin 14% besser als im Vorquartal.

Apple schockiert Anleger

Auch 51 Millionen iPhones sind kein Pappenstil. Doch dahinter verbirgt sich ein Wachstum von nur noch 6 Prozent. Das schwächste seit Einführung des Smartphones 2007. Es ist faktisch mit Stillstand gleichzusetzen. Denn trotz des Splits in die zwei Modelle 5s und 5c und der Ausweitung in Märkte wie China so minimal zu wachsen bedeutet, dass Apple in den USA und Europa wohl kaum Neukunden gewinnen konnte.

Linktipp – Google will überall Werbung schalten – nur nicht bei Nest

Doch wirklich schockiert sind Anleger von Apples Ausblick auf das zweite Geschäftsquartal. Während es im Vorjahr noch mit 43,6 Milliarden Euro Umsatz waren, erwartet das Unternehmen für 2014 einen Rückgang auf nur noch 42 bis 44 Milliarden Euro. Der Konzern, der bereits vor einem Jahr versprach, dass er für 2014 phantastische Neuerungen im Köcher habe und schon 2013 die Sorge weckte, die Zeitspanne könne zu lang sein, deutet damit an, dass in den kommenden Monaten mit keinerlei Neuvorstellungen zu rechnen ist. Fraglich bleibt indes, ob das, was Apple irgendwann einmal auf den Markt bringen könnte, überhaupt zum Erfolg wird. Dafür gibt es schließlich keine Garantie.

Google erdrückt Apple

Es scheint, als habe Apple den Zug verpasst. Die Unternehmens-Philosophie, sich auf sein Kerngeschäft zu konzentrieren und nicht in unendlich viele Themen zu verzetteln, ging über Jahre auf. Der Fokus lag auf dem MacBook, dem Mac, dem iPhone und dem iPad -- über 70% der Unternehmens-Gewinne wurden alleine durch Letztere erzielt. Der Konzern zeigte der Industrie auch, wie wichtig es ist, Hard- und Software zu vereinen. Nicht umsonst erwarb Google den Hardware-Hersteller Motorola und Microsoft den Smartphone-Produzenten Nokia.

Doch es gesellt sich mittlerweile eine weitere, unverzichtbare Disziplin für Technologie-Konzerne der Zukunft hinzu: Das Wissen über seine Kunden, gesammelt im Netz. Etwas, das Google so gut beherrscht wie kein zweites Unternehmen. Der Suchmaschinen-Gigant arbeitet wie besessen an seiner Vision des führenden Technologie-Konzerns und schließt seine Kompetenz-Lücken zudem durch schonungslos hohe Investitionen wie zuletzt beim Erwerb des Thermostat-Herstellers „Nest“. Microsoft gilt zwar alles andere als sexy oder gar visionär, wird aber dennoch als solide wahrgenommen. Der Konzern gibt nicht auf, sondern investiert und kann in Italien und Südamerika überraschende Erfolge mit seinen Windows-Phones vorweisen, wo das iPhone mittlerweile deutlich abgehängt wurde.

Google begeistert indes auch mit seinem Mut, Produkte nicht nur anzuschieben, sondern konsequent einzustellen, wenn diese nicht den erhofften Erfolg brachten. Und während der allwissende Konzern auch Ängste ob seiner Daten-Sammelwut weckt, fasziniert er Anleger und Anwender, indem er den Menschen puren Nutzen liefert. So schreibt das Nachrichtenmagazin Focus in seiner aktuellen Ausgabe so treffend:„Wenn ein Metzger sein Geld damit verdient, dass er Daten über das Kaufverhalten seiner Kunden sammelt, kann er das Fleisch auch kostenfrei abgeben.“ Getreu diesem Motto erdrückt Google Konzerne wie Apple mit einer geradezu absurden Preis-Strategie, indem es hochkarätige, ebenbürtige Produkte wie das Nexus 5 oder 7 zu unverschämt günstigen Preisen anbietet. Googles Geschäftszweck besteht nicht darin, mit der verkauften Hardware, sondern mit den gesammelten Daten Geld zu verdienen. Und dieses Kalkül scheint immer mehr aufzugehen.

Quo vadis Apple?

Hat Apple seinen Zenit also überschritten? Es ist noch viel zu früh für ein düsteres Szenario, doch die große Frage bleibt, ob Apple weiterhin mit Innovationen und Kundennutzen begeistern kann, oder ob es sich in den kommenden zwei Jahren zu einem ganz normalen Technologie-Konzern entwickeln wird.

Die auffällige Überalterung der Führungs-Riege könnte erstes Indiz dafür sein, dass die Schere zwischen Unternehmens-Lenkern und Zielgruppe zu groß wird. Auch fehlt offenkundig Steve Jobs schmerzlich, der – ständig beseelt von Visionen – der unermüdliche Zukunfts-Motor des Konzerns war.

Wie man es dreht und wendet: Ja, Apple ist ein gesunder Konzern und verdient mehr als viele andere. Und dennoch muss der Sinn und Geschäftszweck des Unternehmens darauf ausgerichtet sein, diese Position zu wahren und auszubauen. Neue Märkte lassen sich nicht aus den Rippen leiern, ebenso wenig wie neue Kompetenzen, die dringend erforderlich wären, um mit Google mitzuhalten. Heute scheint es, als würde nur ein Wunder dafür sorgen können, dass der Apfel auch in fünf Jahren noch so kraftvoll strahlt wie heute. Doch es wäre nicht das erste große Comeback. Es wäre jedoch das erste ohne Steve Jobs.

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