Ratgeber

Filmen mit der DSLR

Mit der Spiegelreflex gelingen ganz einfach Filme im Kino-Look. Wir zeigen, welche Ausrüstung man braucht, worauf es ankommt und wie man zum waschechten DSLR-Profifilmer wird.

Draufhalten und Auslöser drücken. Für Amateurfilmer mag diese Praxis normal sein, gute Qualität ist aber nicht zu erwarten. Selbst ambitionierte Fotografen mit (videofähigen) Spiegelreflexkameras sowie fundierter Erfahrung in der Motivwahl scheitern oftmals an der Filmfunktion. Dabei bieten DSLR-Kameras mit Videofunktion aufgrund ihrer großen Sensoren und zahlloser manueller Einstellfunktionen ideale Voraussetzungen für Aufnahmen in Profi-Qualität. Doch worin liegt das Geheimnis professioneller Bewegtbilder? Die größten technischen Herausforderungen beim Bewegtbild sind Fokus, Blende, Stabilisierung und Führung der Kamera, Farbvoreinstellung, die Wahl des richtigen Kompressionsformats und die Aussteuerung des Tons. Für den Erfolg des Videoprojekts sind neben gesundem Grundwissen nicht zuletzt das verwendete Zubehör und reichlich Übung entscheidend.

Wahl der Kamera

Auch wenn man die Liebe und Leidenschaft zum Filmen vielleicht mit einer digitalen Kompaktknipse oder einem Billig-Camcorder aus dem Supermarkt entdeckt hat, sind sie für professionelle Videoaufnahmen in der Regel völlig ungeeignet. Vielmehr gilt das Motto „Eine für alles, alles für eine“. Soll heißen: Die ideale Filmkamera sollte praktisch uneingeschränkte Erweiterungsmöglichkeiten bieten und mit zahlreichem Zubehör kompatibel sein – angefangen beim Objektiv über ein (externes) Mikrofon bis hin zur Beleuchtung. Was eignet sich da besser als eine DSLR? Natürlich nicht einfach irgendeine, zumal die eingebaute Technik eine überaus wichtige Rolle spielt. So kommen heutzutage für beste Ergebnisse ausschließlich Modelle infrage, welche die volle HD-Auflösung beherrschen. Obwohl diese stets 1.920 x 1.080 Pixel beträgt, schwankt die Videoqualität oftmals von Kamera zu Kamera. Dabei macht ein einziger Buchstabe den Unterschied: i für „interlaced“ und p für „progressive“. Ersterer weist auf das sogenannte Zeilensprungverfahren hin, bei dem zunächst die geraden, dann die ungeraden Bildzeilen aufgezeichnet werden. Kameras mit progressiver Bildaufzeichnung und möglichst vielen Bildern pro Sekunde (beispielsweise 50fps) sind zu bevorzugen. Außer man setzt streng auf den Kino-Look, dann reichen auch 24fps.

Manuelle Möglichkeiten

Automatiken sind leider nicht immer hilfreich. Ein gutes Beispiel ist der Autofokus, der die Schärfe in Videos zwar langsamer und damit sanfter nachregelt als im Sucherbetrieb, währenddessen aber oftmals unruhige Pumpbewegungen verursacht – besser, man fokussiert von Hand. Nützlich sind eine automatische Belichtungskorrektur und ein automatischer Weißabgleich. Für professionelle Ergebnisse sollten die Einstellungen nach initialer Einmessung durch die Automatik allerdings nach Möglichkeit immer „festgenagelt“ werden. Wenn während einer Szene der Weißabgleich wechselt oder die Schärfentiefe variiert, wirkt das unprofessionell und irritierend. Stets hilfreich ist ein mechanischer beziehungsweise optischer Bildstabilisator (beweglicher Bildsensor oder verschiebbare Linsengruppe), doch Vorsicht: Manche Stabilisierungen verursachen Störgeräusche.

Der richtige Durchblick

Leisten viele klassische Objektive dem Fotografen hervorragende Dienste, sind die Anforderungen zum Filmen leicht anders. Schließlich muss vor allem die Schärfe bei sich bewegenden Objekten dynamisch angepasst werden. Auch eine stufenlose Blendeneinstellung ist von Vorteil. Damit lassen sich Schärfentiefe und Belichtung hervorragend kontrollieren. Bei Zoom-Objektiven möchte man zudem möglichst sanft vergrößern und verkleinern können. Bei all diesen Aufgaben ist die Mechanik entscheidend. Für eine möglichst gleichmäßige Drehung von Zoomund Fokusring verfügen VDSLRObjektive über Zahnkränze, welche man mithilfe spezieller Schärfezieh- und Zoom-Vorrichtungen präzise in die gewünschte Position bringt. Ansonsten können praktisch alle Optiken durch passende oder universelle Zahnkränze nachgerüstet werden. Der Zahnabstand des Objektivkranzes sowie des eingreifenden Rads ist übrigens genormt, wobei es hierzu mehrere Standards gibt. Eine weitere Besonderheit vieler Filmoptiken liegt in ihrer Bauweise beziehungsweise Form. Anders als bei den Pendants aus dem fotografischen Bereich sind Länge und Durchmesser nämlich häufig gleich – unabhängig von der Brennweite. Das hat den Vorteil, dass der Filmer beim Objektivwechsel nicht die gesamte Installation wie etwa die Position der Schärfezieheinrichtung oder Blendensteuerung nachjustieren muss. Insbesondere bei komplexen Aufbauten und Videosystemen spart man dadurch jede Menge Zeit. Für ein Höchstmaß an Flexibilität verfügen einige Filmoptiken – beispielsweise die Compact-Prime- Reihe aus dem Heise Carl Zeiss – über ein austauschbares Bajonett. Wer eine DSLR mit einem nicht unterstützten Anschluss besitzt, kann auf spezielle Objektivadapter von Drittherstellern zurückgreifen – vieles ist möglich. Mittlerweile werden auch teuerste Filmoptiken auf DSLR-Kameras adaptiert.

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Die sichere Führung

Aus der freien Hand gedrehte Videos sind fast immer eine wackelige Angelegenheit. Genau darin unterscheiden sich Amateuraufnahmen vom Profimaterial. Bei leichten Vibrationen wie Zittern hilft zwar meistens der Bildstabilisator, doch spätestens beim Umgreifen ist es mit der Ruhe vorbei – vor allem, wenn das Kamerasystem mehrere Kilogramm auf die Waage bringt. Ambitionierte Filmer schwören deshalb auf Schulter-Rigs – eine Art Schulterstativ mit zusätzlichen Befestigungsmöglichkeiten. Das ermöglicht eine wesentlich ruhigere Kameraführung und bietet – je nach Ausführung – Platz für eine DSLR inklusive mehr oder weniger umfangreichem Zubehör. Dank ausgeklügelter Röhrenkonstruktionen kann das Rig nahezu beliebig um verschiedene Mechaniken wie die bereits erwähnte Schärfezieheinrichtung oder Montagevorrichtungen für Zubehör erweitert werden. Für DSLR-Kameras werden fast immer Rigs mit 15mm- Rohren eingesetzt. Zusätzliche Einsatzmöglichkeiten erhält der Filmer durch eine Kombination des Rigs mit einem professionellen Videostativ-Set. Die Vorteile eines solchen Aufbaus liegen vor allem im größeren Traglastbereich von mehreren Kilogramm, im genaueren und regulierbaren Schwenkmechanismus sowie im (hydraulisch) gedämpften Stativkopf. Als etablierter Hersteller im Bereich der Stative ist vor allem Sachtler zu nennen. Die Preisspanne für Rigs und Stative reicht übrigens von niedrigen dreistelligen Beträgen (für Einsteiger) bis hin zu einigen Tausend Euro bei absoluten Profimodellen. Wer handwerklich begabt ist, kann natürlich auch mit selbstgebauten Konstruktionen herumexperimentieren und teils sehr ansehnliche Videoergebnisse erzielen.

Schärfe und Bildvorschau

Mithilfe eines Follow-Focus-Systems kann man die Schärfe zwar sanft und präzise von Hand nachführen, die eigentliche Hürde stellen aber die unzureichenden Kontrollmöglichkeiten dar: Der optische Sucher steht im Live- View-Videomodus nicht zur Verfügung und das Kameradisplay ist entweder zu klein, löst zu gering auf oder wird schlichtweg von Zubehör verdeckt. Profis nutzen deshalb bevorzugt einen externen Vorschaumonitor mit einer Diagonale von drei bis zehn Zoll. Dieser zeigt das Motiv in optimaler Größe und ermöglicht so, den Fokuspunkt auch zuverlässig auf kleine Details zu legen. Der Anschluss erfolgt idealerweise über die HDMI-Schnittstelle der DSLR. Besonderes Augenmerk beim Kauf gilt neben dem Auflösungsvermögen auch der Reaktionszeit, der Leuchtkraft sowie dem Betrachtungswinkel. Befestigen lässt sich der Monitor am Zubehörschuh oder direkt am Stativ beziehungsweise Rig. Wer einen Tablet-PC (zum Beispiel Apple iPad) besitzt, kann bei einigen moderneren DSLRs sogar diesen als Live-View- Display verwenden. Möglich macht das ein entweder bereits in die Kamera eingebautes oder optional erhältliches WLAN-Modul, das eine Drahtlosverbindung zum Mobilgerät herstellt. Mit einer entsprechenden App für Android und iOS (in der Regel kostenlos) lässt sich die Vorschau anschließend in Echtzeit betrachten. Teilweise sind sogar die Aufnahmeparameter veränderbar. Eine interessante Alternative für Canon- DSLRs ohne Netzwerkfunktion ist die Android-App „DSLR Controller“, die ca. 7 Euro kostet und eine USB-Kabelverbindung zwischen Kamera sowie Tablet voraussetzt.

Die ideale Ausleuchtung

Verdecken dichte Wolken die Sonne oder bricht allmählich die Nacht herein, kommen weder Fotografen noch Filmer um eine adäquate Beleuchtung herum. Doch während ersteren ein kurzer Blitz ausreicht, müssen Videoszenerien permanent ausgeleuchtet werden. Für nahegelegene Motive oder kleine Objekte (Makroaufnahmen) empfehlen sich kompakte Aufsteckleuchten. Hier geht der Trend zu LEDs, die zum einen sehr hell strahlen und zum anderen wenig Strom benötigen. Kommt es hingegen auf eine möglichst breite und konstante Ausleuchtung an, sind professionelle Studioleuchten die erste Wahl. Sie zeichnen sich durch eine hohe Leuchtkraft, eine dem Tageslicht entsprechende Farbtemperatur (5.400 Kelvin) und in Verbindung mit einem Reflektor durch einen großen Abstrahlwinkel aus. Leider fallen die Leuchten recht teuer aus – für ein ordentliches Modell zahlt man nicht selten mehrere hundert bis tausend Euro. Nichtsdestotrotz können Einsteiger mit gemäßigten Ansprüchen auch getrost auf ein preiswertes Komplettset für 100 bis 200 Euro inklusive Stativen zurückgreifen. Günstiger kommt man nur mit handelsüblichen (LED-)Baustrahlern davon, die sich zur Not durchaus für Videoproduktionen eignen – Modelle mit 500 Watt und Stativ gibt es für unter 30 Euro. Allerdings erzeugen die Halogenlampen ein recht warmes, fast schon oranges Licht. Daraus resultiert eine niedrige Farbtemperatur von etwa 3.000 Kelvin, die mit einer (bläulichen) CTB-Folie auf Tageslicht-Niveau angehoben werden kann. Die Abkürzung steht für „Color Temperature Blue“. Wichtig: Da der Fluter sehr heiß wird, sollte die Folie hitzebeständig und der Abstand zur Lampe ausreichend sein. Gegen das ziemlich harte Licht lässt sich beispielsweise ein weißer Regenschirm vor dem Strahler als Diffusor einsetzen. Um Farbfehlern vorzubeugen, ist außerdem ein manueller Weißabgleich an der Kamera empfehlenswert.

Der beste Klang

Wer großen Wert auf hochwertige, unverfälschte Tonaufnahmen legt, kommt um ein externes Stereomikrofon nicht herum. Dieses liefert eine allgemein höhere Klangqualität und nimmt deutlich weniger Störgeräusche der Umgebung auf, die etwa beim Hantieren mit der Kamera entstehen können. Zur Vermeidung von Windgeräuschen gibt es spezielle Überzüge. Selbstredend ist für den Anschluss des Mikrofons ein entsprechender Klinken-Audioeingang in der Kamera erforderlich – als Befestigungsmöglichkeit dient wie so oft der Zubehörschuh oder eine spezifische Vorrichtung am Rig. Manche Mikrofone wie Nikons ME-1 beziehen ihren Strom direkt über den Zubehörschuh, während andere Modelle (meistens von Drittherstellern) auf Akkus respektive Batterien angewiesen sind. Einige gehobene DSLRs wie die aktuelle Canon EOS 6D oder Nikon D600 bieten sogar ein internes Soundmanagement zum optimalen Einpegeln des Mikrofons. Eine präzise Abstimmung gestattet dabei der Kopfhörerausgang. Nichtsdestotrotz kommen im professionellen Filmbereich vorwiegend externe Recorder zum Einsatz, die separat über XLRMikrofone gespeist werden. Die eigentliche Synchronisation von Audio- und Videomaterial geschieht erst nachträglich im Rahmen der Postproduktion. Auf diese Weise erhält der Filmemacher – wobei man hier schon beinahe von einem Tontechniker sprechen kann – wesentlich umfangreichere Kontroll- und Korrekturmöglichkeiten. Die Richtcharakteristik (z.B. Niere, Kugel oder Keule) gibt übrigens an, aus welcher Richtung das Mikrofon den Schall am besten wahrnimmt beziehungsweise hört. Für den Einsatz bietet sich meist ein Mikro mit Nierencharakteristik an.

Fazit

Das Filmemachen ist kein Hexenwerk, es ist eine Kunst. Schließlich werden Bild und Ton zu einem Gesamtwerk vereint, in welches sich der Zuschauer besonders gut hineinversetzen kann. Mit der richtigen Ausrüstung und etwas Übung wird jeder ehrgeizige DSLR-Besitzer zum Videokünstler. Viel Übung und Investitionsbereitschaft sind jedoch Voraussetzung für gute Filme.

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