Geht es darum, unterschiedliche technische Konzepte in einem Gerät zu kombinieren, ist Samsung traditionell in seinem Element. Eins von vielen Indizien dafür war die 2013 veröffentlichte Galaxy Camera, die die Vorzüge einer Kompaktkamera mit denen eines Android-Smartphones verbinden sollte. Nun präsentieren die Südkoreaner den Nachfolger, der vor allem mit einer besseren Performance punkten soll – wir testen, wie sich die Galaxy Camera 2 im Alltag schlägt.
Die Samsung Galaxy Camera 2 ist genau genommen ein Hybride, bestehend aus Android-Smartphone mit Samsung-typischer TouchWiz-Oberfläche und Reisezoom-Kamera, die Fotos mit 16,3 Megapixel aufnimmt und Motive über ein Zoomobjektiv bis zu 21-fach vergrößert. Im Vergleich zum direkten Vorgänger betreiben die Koreaner vor allem seichte Modellpflege. Während die technischen Daten von Kamera, Sensor und Objektiv nahezu gleich geblieben sind, wurde die Android-Version von 4.1 auf 4.3 aufgebohrt, ein besserer Prozessor und Arbeitsspeicher-Ausstattung sorgen für ein flotteres Arbeiten und der Akku soll länger durchhalten.
Unverständlich: Samsung hat die Möglichkeit gestrichen, die Galaxy Camera per SIM-Karte ins mobile Internet zu bringen. Wer mit der Galaxy Camera 2 aufgenommene Fotos über Android-Apps an Freunde oder soziale Netzwerke verschicken will, ist auf einen WLAN-Zugang oder das Tethering über Smartphone beziehungsweise Tablet angewiesen.
Man kann es nicht anders beschreiben: Die Samsung Galaxy Camera 2 ist groß – sehr groß. Bei einer Breite von rund 12 Zentimetern und einer Dicke von 3 Zentimetern ist das Samsung-Modell weitaus weniger hosentaschenfreundlich als typische Kompaktkameras. Immerhin hat sich das Gewicht im Vergleich zur ersten Ausgabe von 300 auf 283 Gramm reduziert, ein Leichtgewicht ist die Galxay Camera 2 allerdings immer noch nicht. Davon abgesehen präsentiert sich die Galaxy Camera 2 solide. Während die Rückseite fast komplett vom 4,8 Zoll-Touchscreen mit der Auflösung von 1.280 x 720 Pixel dominiert wird, ist auf der Front neben dem Objektiv noch ein seitlicher Kameragriff platziert, der für einen guten Halt sorgt.
Optisch ist die Front in der für aktuelle Galaxy-Modelle oder der Systemkamera NX300 typischen Lederoptik gehalten, auch wenn das Gehäuse komplett aus (sehr stabilem) Kunststoff gefertigt ist. Auf der Oberseite findet ihr neben einem Auslöser den per Taste ausklappbaren Blitz, den Power-Knopf sowie einen Kippschalter, über den ihr den Zoom einstellt. Der wechselbare Akku verschwindet in einem Fach auf der Unterseite, das auch einen Mini-HDMI-Anschluss sowie eine Micro-SD-Karte beherbergt. Damit könnt ihr den verfügbaren Speicher von rund 4,5 GB um bis zu 64 GB erweitern. Hinweis: Standard-SD-Karten nimmt die Galaxy Camera 2 nicht auf.
Auf der linken Seite befindet sich der NFC-Chip, der ein einfaches Pairing mit entsprechenden Smartphones oder Druckern ermöglicht. Auf der rechten Seit befindet sich der USB 2.0-Port, über den ihr die Kamera aufladen und Bilder auf den PC schaufeln könnt. Nachteil: Samsung hat sich gegen einen schnelleren USB 3.0-Anschluss entschieden, wie ihn beispielsweise das Galaxy Note 3 bietet). Außerdem bietet die Galaxy Camera 2 einen Kopfhöreranschluss sowie die Möglichkeit, eine mitgelieferte Handschlaufe am Gehäuse anzubringen.
Wie gesagt, die Kamera-Details haben sich im Vergleich zur ersten Galaxy Camera nur wenig verändert. Nach wie vor verbaut Samsung einen 1/2,3 Zoll großen CMOS-Sensor mit rückwärtiger Belichtung, der effektiv mit 16,3 Megapixeln auflöst. Nach dem Entsperren der Galaxy Camera 2 landet ihr direkt in der Kamera-App und könnt drauflosknipsen. Das dauert ungefähr 2 Sekunden, womit die Galaxy Camera 2 fast eine Sekunde flotter ist als ihr direkter Vorgänger. Wer schon einmal mit einem Galaxy-Smartphone fotografiert hat, findet sich hier schnell zurecht, wobei Samsung seiner smarten Kamera eine Reihe an Extras spendiert hat.
Die Qualität der Fotos ist dabei schwankend und hängt somit von einer Reihe von Faktoren ab. Bei guten Lichtverhältnissen produziert die Galaxy Camera 2 gestochen scharfe und erfreulich farbechte Bilder – aber das können auch moderne Smartphones. Tatsächlich begeistern konnte uns das Zoomobjektiv, das eine Brennweite von 23 bis 483 Millimetern abdeckt. In Kombination mit dem sehr gut funktionierenden optischen Bildstabilisator, ein Feature, auf das Samsung-Smartphones im Vergleich zur Konkurrenz bis heute verzichten müssen, gelingen uns auch bei 21-facher Vergrößerung sogar „aus der Hand“ und folglich ohne Stativ fast komplett unverwackelte Bilder – hier hat Samsung wirklich gute Arbeit geleistet.
Kritischer wird es bei schlechten Lichtverhältnissen. In der Dämmerung müsst ihr die Kamera je nach gewähltem Aufnahmemodus (s. unten) schon recht ruhig halten, um scharfe Bilder zu erhalten. Im Dunkeln ist es zu einem guten Teil Glückssache, wie gut die Bilder gelingen. Fotos mit Straßenbeleuchtung überzeigen qualitativ meist nur dann, wenn wir den optionalen Nachtmodus aktivieren, der drei Fotos in Folge schießt und diese zusammensetzt – was freilich nur bei stillen Motiven nützlich ist. Der optionale Blitz leuchtet Motive hell und gleichmäßig, aber für unseren Geschmack manchmal etwas zu stark aus. Wenig zu meckern gibt es am Fokus, der per Druck auf den Touchscreen gesetzt werden kann und recht schnell reagiert. Auch Makroaufnahmen gelingen im entsprechenden Modus recht gut, entsprechend eingefangene Motive erscheinen detailliert auf dem Bildschirm.
Alles in allem liefert die Galaxy Camera 2 eine ordentliche, wenn auch keine überragende Kamera-Performance, die sich im Großen und Ganzen im Mittelfeld der Kompaktkameras in ähnlichen Preisregionen einfindet. Videos ähneln der typischen Leistung aktueller Top-Smartphones. Die Full-HD-Clips mit 30 Frames pro Sekunde sind von ordentlicher, wenn auch nicht herausragender Qualität.
Bedienung und Extras: Touch mit Tücken
Ein gemischtes Bild hinterlässt die Bedienung der Galaxy Camera 2 in der Praxis. Ein echter Pluspunkt gegenüber klassischen Kompaktkameras ist der 720p-Bildschirm. Dank der Samsung-typischen Display-Qualität erlaubt der Screen nicht nur eine hervorragende Einschätzung der geknipsten Bilder, sondern bietet als Sucher auch vor dem Schuss einen recht praxisnahen Eindruck des Endergebnisses. Doch so praktisch der Touchscreen dafür und die anschließende Bearbeitung auch ist, vermissen wir im Foto-Alltag doch immer wieder die klassischen Einstellrädchen typischer Kameras.
Der Grund: Während wir bei der Nutzung des Auto-Modus in der Regel ordentliche Bildergebnisse erzielen, gibt es immer wieder Situationen, in denen wir auf die verschiedenen Aufnahme-Programme umschalten möchten oder über die Experteneinstellungen selbst verschiedene Paramater wie die Belichtungsdauer, die Blende und die ISO-Empfindlichkeit regeln möchten. All dies erlaubt die Galaxy Camera 2, allerdings sind speziell die virtuellen Regler des Expertenmodus auf dem Touchscreen nur frickelig zu bedienen – das gilt um so mehr, wenn es draußen ein wenig nieselt oder ihr die Galaxy Camera 2 an kalten Tagen mit Handschuhen bedienen wollt.
Viele Bild-Modi entpuppen sich in der Praxis übrigens als bestenfalls witzige Gimmicks – beispielsweise die Funktion, Teile des Bilds wie ein GIF zu animieren oder per „Drama Shot“ einen Bewegungsablauf einzufangen, was nur unter absolut optimalen Bedingungen geling. Für Stirnrunzeln sorgte auch der „Selfie Alarm“, der die belietbten Selbstporträts vereinfachen soll, oder der schon vom Galaxy S4 bekannte Modus „Schönes Porträt“, der Gesichter per Weichzeichnung aufhübschen will, was zu eher zweifelhaften Ergebnissen führt.
Im Gegenzug überzeugen einige Einstellungen wie der HDR-Modus „Farbfülle“ oder auch die Panorama-Funktion, zudem bietet Samsung die Möglichkeit, die bevorzugten Modi als Favorit zu speichern. Das ist ungleich praktischer als sich jedes Mal zwischen den über 20 Voreinstellungen zu entscheiden. Ein Kompromiss ist der „Smart-Modus-Vorschlag“, der euch je nach Bildmotiv ein Motivprogramm vorschlägt. Vor allem in der Eingewöhnungsphase kann sich das lohnen, bis ihr eure Fähigkeiten selber einschätzen könnt.
Android-Funktionen: Samsung S-Klasse als Kamera
Auch wenn wir uns im Rahmen dieses Tests erst vergleichsweise spät mit der „smarten“ Seite der Galaxy Camera 2 beschäftigen, solltet ihr diese nicht unterschätzen: Im Prinzip erhaltet ihr hier ein – fast – voll ausgestattetes Smartphone mit den typischen Eigenschaften von Samsungs Galaxy S-Reihe. Von dieser ist die mit TouchWiz-modifizierte Android-Oberfläche der Kamera nämlich nicht zu unterscheiden, bis hin zu den Menüfunktionen, dem Homescreen nebst App-Launcher und natürlich dem Vollzugriff auf den Google Play Store. Gerade letzteres ist ein Allleinstellungsmerkmal gegenüber klassischen Kameras. Bieten diese zwar auch immer häufiger WLAN-Funktionen und Goodies wie den Upload zu Facebook oder flickr, ist die vollwertige Android-Erfahrung der Galaxy Camera 2 ein ganz anderes Kaliber.
So könnt ihr eure Fotos beispielsweise vor dem Upload mit Apps wie SnapSeed oder Photoshop Touch tunen und diese wie vom Smartphone bekannt per App zu beliebigen Diensten oder auch ganz klassisch per E-Mail schicken. Unabhängig von der Fotografie könnt ihr mit der Galaxy Camera 2 natürlich auch ein Ründchen zocken, wobei der verbaute Exynos Quadcore-SoC in Kombination mit den 2 GB Arbeitsspeicher (doppelt so viel wie der Vorgänger) genug Leistungsreserven bietet. Tatsächlich landet die Galaxy Camera 2 im Benchmark Antutu 4 mit rund 21.000 Punkten knapp hinter dem Galaxy S4. In der Praxis flutscht die Bedienoberfläche fast immer flott über den Screen, auch wenn der eine oder andere TouchWiz-typische Ruckler nicht fehlt.
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Angesichts der Tatsache, dass Operationen wie die Berechnung von Bildeffekten, die Wiedergabe von MKV-Videos über Apps wie MX Player und sogar anspruchsvolle 3D-Spiele wie Dead Trigger 2 ebenso ruckel- und verzögerungsfrei auf der Galaxy Camera 2 laufen wie der Aufruf von komplexen Webseiten, schauen wir darüber gerne hinweg. Die Android-Performance hinterlässt ebenso einen sehr guten Eindruck. Erfreulicherweise hält der Akku der Galaxy Camera 2 ordentlich lange durch, wir können rund 400 Aufnahmen machen, ehe die Kamera wieder ans Netz muss.
Über das Mikrofon könnt ihr bei einer stabilen WLAN-Verbindung auch VoIP-Dienste wie Skype nutzen oder die Kamera mit der bekannten Samsung S-Voice-Funktion mit Sprachbefehlen steuern, was in der Praxis freilich Geschmackssache ist. Erfreulich sind die wenigen, aber sinnvollen App-Dreingaben, die Samsung auf der Galaxy Camera 2 vorinstalliert. Schon bei der Einrichtung habt ihr Galaxy-typisch die Möglichkeit, ein Dropbox-Konto für zwei Jahre mit 50 anstelle von 2 GB zu nutzen, was in Kombination mit dem automatischen Foto-Upload eine hervorragende Möglichkeit ist, eure Bilder einfach auf den Computer zu übertragen. Der Künstler in euch kann hingegen mit Paper Artist Aufnahmen mit wenigen Klicks in Bleistiftzeichnungen oder Aquarelle verwandeln. Ansonsten ist die typische Samsung-Apps-Palette wie S-Note, StoryAlbum oder auch die Samsung Hubs an Bord, sodass sich vor allem Fans der Galaxy-Reihe schnell auf der Kamera zuhause fühlen.