Microsofts erster Versuch, im heiß umkämpften Tablet-Markt Fuß zu fassen, ist nicht ganz geglückt. Mit der Überarbeitung der Surface-Serie soll es jetzt besser klappen. Surface 2 und Surface Pro 2 sollen Apple, Samsung & Co. die Stirn bieten. Wir haben beide Modelle getestet und auch gegeneinander antreten lassen.
Von vorne betrachtet gleichen sich beide Modelle wie ein Ei dem anderen: Die Front ist schwarz und komplett mit Glas überzogen, der Rand um das 10,6 Zoll große Display im 16:9-Format ist knapp zwei Zentimeter breit. Über den Bildschirm thront die Kameralinse, unter dem Display ist das Windows-8-Logo, das gleichzeitig als Windows-Knopf dient. Auch das Gehäuse-Design ist gleich: Es ist sehr eckig und die seitlichen Kanten sind nach hinten hin abgeschrägt – eine markante Form. Die äußerlichen Unterschiede zwischen beiden finden sich vor allem in den Maßen: Das Surface 2 ist 27,5 x 17,2 x 0,9 Zentimeter groß und wiegt 676 Gramm.
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Zum Vergleich: Das iPad 4 von Apple misst 24,1 x 18,6 x 0,9 Zentimeter und wiegt 662 Gramm, beim Samsung Galaxy Note 10.1 (2014) sind es 24,3 x 17,1 x 0,8 Zentimeter sowie 547 Gramm. Microsofts „kleines“ Tablet befindet sich damit in guter Gesellschaft. Anders ist es beim großen Bruder: Es ist mit 1,4 Zentimetern und 907 Gramm ein gutes Stück dicker und vor allem schwerer. Der Grund liegt in der verbauten Hardware, was Vor- und Nachteile bietet (mehr dazu unten). Mit diesem Gewicht ist das Surface Pro 2 nicht uneingeschränkt als Tablet nutzbar, weil es sich doch recht schnell im Bizeps bemerkbar macht.
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Das Gehäuse hat Microsoft aus einer Magnesium-Legierung hergestellt. Beim Surface 2 ist es grau, beim Surface Pro 2 schwarz. Das sieht nicht nur edle aus, sondern fühlt sich auch so an. Beide Tablets sind äußerst solide und stabil gebaut. Nichts verbiegt sich, nichts knarzt. Hier hat Microsoft gute Arbeit geleistet. Auf der Rückseite finden Benutzer nicht nur die zweite Kameralinse, sondern auch den so genannten Kickstand. Das ist ein ausklappbarer Ständer, um das Tablet aufzustellen. Bei den Vorgängern bemängelten Nutzer noch, dass der Ständer nur einen Winkel kennt. Jetzt sind es schon zwei, so dass man das Display wesentlich weiter nach hinten neigen kann. Beispielsweise haben große User somit einen besseren Betrachtungswinkel. Noch besser wäre natürlich ein stufenlos verstellbarer Kickstand, vielleicht entscheidet sich Microsoft ja mit der nächsten Tablet-Generation dafür.
Als Lieferumfang gibt es ein Ladegerät, das man magnetisch am Gehäuse befestigt. Das Netzteil des Surface Pro 2 bietet zusätzlich einen USB-Ausgang, um neben dem Tablet zum Beispiel noch ein Smartphone laden zu können – praktisch. Zudem gibt es einen Stylus für handschriftliche Notizen dazu, der seitlich am Magnetanschluss für das Ladegerät verstaut werden kann. Das ist keine sehr durchdachte Lösung: Steckt man das Tablet in die Tasche, muss man mit großer Sicherheit hinterher den Stift suchen – so stark ist der Magnet dann doch nicht. Käufer des Surface 2 müssen auf die Stifteingabe ganz verzichten.
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Display: Hohe Auflösung im 16:9-Format
Hell, kontrastreich und sehr blickwinkelstabil – mit diesen Attributen lassen sich die Bildschirme der Tablets beschreiben. Microsoft baut bei beiden Geräten ein IPS-Display mit einer Auflösung 1.920 x 1.080 Pixeln ein. Die Pixeldichte von 208 ppi sorgt für eine gestochen scharfe Anzeige. Zusammen mit den knackigen, aber nicht allzu stark überzeichneten Farben ergibt das eine brillante Darstellung. Lediglich ein paar Elementen auf dem klassischen Desktop – etwa einigen Dialogen in der Systemsteuerung – macht die hohe Auflösung zu schaffen.
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Sie wirken etwas unscharf. Doch vor allem die Kacheloberfläche profitiert von eben dieser Auflösung. Dazu hat sich der Hersteller für ein 16:9-Format entschieden, so dass die Bildschirmdiagonale 10,6 Zoll (entspricht 27 Zentimetern) und nicht wie bei vielen Konkurrenten 10,1 Zoll misst. Unterschiede zwischen den Displays des Surface 2 und des Surface Pro 2 sind mit bloßem Auge nicht auszumachen. Das bedeutet jedoch auch, dass beide relativ stark spiegeln. Bei sonnigem Wetter kann es unter freiem Himmel schon mal Probleme mit der Lesbarkeit der Bildschirminhalte geben. Das sind aber Schwierigkeiten, mit denen viele Tablets und Smartphones zu kämpfen haben.
Ausstattung: Mobile CPU gegen Performance-Monster
Ein Grund dafür, dass das Surface Pro 2 so dick und schwer ist, ist die Hardware im Gehäuseinneren. Als Prozessor kommt ein Intel Core i5-4200U mit 1,6 GHz (Turbo-Boost: 2,6 GHz) zum Einsatz. Ihm stehen je nach Modellvariante vier oder acht GByte Arbeitsspeicher und der Grafikchip Intel HD 4400 zur Seite. Damit handelt es sich um die gleichen Komponenten, die auch in vielen Notebooks verbaut sind. Diese wiegen schon eine ganze Menge mehr als die typischen Tablet-Komponenten des Surface 2.
Im kleinen Bruder werkelt nämlich ein Nvidia Tegra 4 mit 1,7 GHz und integrierter Grafikeinheit samt zwei GByte Arbeitsspeicher. Die Tegra-Chips von Nvidia basieren auf der ARM-Architektur und kommen in vielen Tablets zum Einsatz, der hier eingebaute Tegra 4 ist einer der derzeit leistungsstärksten auf dem Markt für mobile Geräte. Dennoch kann er einem ausgewachsenen Intel Core i5 nicht viel entgegensetzen. Der Nutzer bekommt quasi als Gegenleistung für schwerere Hardware mehr Performance. Das zeigen die Ergebnisse des SunSpider JavaScript Benchmarks und des Browsermarks 2.0. In beiden Tests liegt das Surface Pro 2 eindeutig vorne.
Auch beim Kaltstart des Systems oder beim Einschalten aus dem Standby ist das Surface Pro 2 flotter (s. Testergebnisse weiter unten). Trotzdem muss man sagen, dass beide Testkandidaten absolut flüssig und ohne Ruckler oder große Verzögerung ans Werk gehen. Das spärliche App-Angebot im Windows Store – in diesem Fall die einzige Quelle für neue Programme (s. unten) – unterfordert das Surface 2 sogar. Für den Tegra 4 sind selbst die anspruchsvollsten Spiele-Apps keine Herausforderung. Das gilt ebenso für HD-Videos. Das Surface Pro 2 kann dagegen schon an seine Grenzen stoßen – trotz der potenteren Hardware.
Das liegt schlicht am riesigen Software-Angebot für Windows 8.1, das natürlich auch Programme mit allerhöchsten Ansprüchen enthält. Dazu zählen in erster Linie aktuelle Spiele-Blockbuster, die man sicher nicht in der höchsten Detailstufe auf dem Surface Pro 2 spielen kann. Dafür bräuchte es schon eine echte Grafikkarte mit eigenem Speicher. Doch für alle normalen Anwendungen – selbst für Foto- und Videobearbeitung – bringt der Core i5 samt HD 4400 genügend Leistungsreserven mit, um nicht in die Knie zu gehen. Hier zeigt sich das Arbeitstier in Microsofts großem Tablet-Modell.
Als Massenspeicher kommt übrigens hier wie da eine SSD zum Einsatz. Unser Testexemplar des Surface 2 bietet 32 GByte, von denen ab Werk noch 18,1 frei sind, das Surface Pro 2 kommt mit einer 64 GByte großen SSD und bietet noch 37 GByte für eigene Dateien und weitere Programme. Beide lassen sich per Micro-SD-Speicherkarte erweitern.
Anschlusstechnisch haben beide Tablets einiges zu bieten. Zunächst ist der vollwertige USB-3.0-Anschluss zu nennen. Bei Android-Tablets oder dem iPad sucht man diesen vergeblich. Hier gibt es bestenfalls USB 2.0 im Micro-Format; externe Festplatten anschließen funktioniert dort nur mit Adapter. Externe Monitore lassen sich ebenfalls mit den Tablets verbinden. Wo das Surface 2 noch auf den weit verbreiteten HDMI-Anschluss setzt (in Form einer Micro-HDMI-Buchse), kommt das Surface Pro 2 mit einem DisplayPort (in Form eines Mini-DisplayPort-Ausgangs).
Letzteres mag zwar der Standard der Zukunft sein, derzeit hat jedoch HDMI – auch im Monitor-Bereich – eindeutig die Nase vorne. Ohne entsprechenden Adapter dürfte nur bei den wenigsten Benutzern was gehen. Einen LAN-Anschluss lassen beide Tablets vermissen, ins Internet geht es stattdessen per WLAN 802.11 a/b/g/n, der Chip funkt sowohl auf 2,4 als auch auf 5 GHz. Eine LTE-Version des Surface (Pro) 2 soll nächstes Jahr folgen, Bluetooth 4.0 ist bereits an Bord. Der Micro-SD-Slot liegt beim Surface Pro 2 übrigens auf der rechten Seite, beim Surface 2 hinter dem Kickstand.
Bedienung: Das „RT“ machen den Unterschied
So sehr sich beide Surface-Modelle optisch gleichen, so unterschiedlich ist die Bedienung. Der Grund: Das Surface 2 nutzt als Tablet mit ARM-Prozessor Windows RT 8.1, während auf dem Surface Pro 2 Windows 8.1 Pro installiert ist. Letzteres ist ein vollwertiges Betriebssystem, auf dem nicht nur die Kacheloberfläche und Apps, sondern auch klassische Desktop-Anwendungen laufen. Der x86-Prozessor sorgt für volle Kompatibilität zu allen Programmen, die beispielsweise auch unter Windows 7 funktionieren.
Wer also auf Software dieser Art angewiesen ist, lässt vom Surface 2 die Finger. Denn hier laufen nur Apps aus dem Windows Store. Es gibt zwar auch einen klassischen Desktop, doch der ist weitestgehend nutzlos – abgesehen vom Explorer und der Systemsteuerung. Über diesen Unterschied müssen sich potenzielle Nutzer ganz besonders im Klaren sein: Photoshop, CAD-Anwendungen, Steuerprogramme, viele Computerspiele – sie alle sind nicht zu Windows RT kompatibel. Als kleinen Ausgleich dafür spendiert Microsoft jedem Käufer eines Surface 2 eine Lizenz von Office RT.
Das Büropaket ist bereits vorinstalliert und lässt sich bis auf wenige Einschränkungen wie Office 2013 Home & Student nutzen – Outlook gehört allerdings nicht dazu. Benutzer des Surface Pro 2 schöpfen hingegen aus dem vollen Funktionsumfang, das Windows 8.1 auch auf herkömmlichen Desktop-PCs und Notebooks zu bieten hat. Der vollwertige Desktop, der hinter der Kacheloberfläche liegt, lässt sich jedoch nicht so komfortabel per Touchscreen steuern wie das bunte Modern UI, das Microsoft mit Windows 8 eingeführt hat. In der Systemsteuerung gibt es immerhin eine Option, die Texte und Elemente (etwa Desktop-Icons), vergrößert darstellt.
Bei Full-HD-Auflösung ist das bitter nötig, weil diese sonst noch kleiner ausfallen. Außerdem kann der mitgelieferte Stylus dabei helfen, allzu Winziges anzuklicken. Allerdings haben wir im Test festgestellt, dass der Stift gerade in den Ecken des Displays eine Ungenauigkeit von bis zu einem halben Zentimeter aufweist. Nachdem wir einen Treiber von der Wacom-Webseite nachinstalliert und die Stifteingabe manuell kalibriert hatten, wurde es besser – aber immer noch nicht perfekt.
Was uns wiederum an Windows RT negativ auffiel: Es gibt kein Silverlight-Plug-in. Video-Dienste wie Lovefilm oder Watchever sind damit nicht zu gebrauchen. Entsprechende Apps gibt es von den Anbietern bisher auch nicht. Es ist schon kurios, dass Microsoft seine eigene Technologie nicht integriert, den größten Konkurrent, Adobe Flash, jedoch ab Werk vorinstalliert. Hier müssen die Entwickler schnellsten nachbessern. Positiv: Käufer eines der beiden Modelle erhalten 200 GByte Speicherplatz bei Microsofts Cloud-Dienst SkyDrive für zwei Jahre gratis und dazu noch ein Jahr lang kostenlose Skype-Telefonate ins Festnetz – wenn auch nicht in alle Länder der Welt.
Akkulaufzeit: Man kann nicht alles haben
Mit 42 Wattstunden (Wh) ist der Akku des Surface Pro 2 deutlicher größer als der des Surface 2 mit 31,5 Wh. Trotzdem läuft letzteres eindeutig länger. Der Tegra 4 ist als spezieller Chip für mobile Geräte sehr viel energiesparender als der vergleichsweise stromhungrige Intel-Prozessor. Im Vergleich zum Vorgänger ist aber auch das Surface Pro genügsamer geworden. Der Core i5 kommt aus Intels aktuellen Haswell-Serie. Der Nachfolger der Ivy Bridge-Architektur spart bei gleicher Leistung mehr Energie. In unserem Test kamen wir beim Dauer-Playback eines HD-Videos auf eine Akkulaufzeit von rund sechs Stunden.
Bei etwas anspruchsloseren Arbeiten wie Office oder Surfen im Web schafft man locker den Arbeitstag. Das war beim Vorgängermodell nicht der Fall. Das Surface 2 erreicht mit seiner Mobile-CPU im gleichen Testszenario stolze zehn Stunden. Ohne Multimedia-Nutzung sowie aufwändige Spiele kommt man auch mal zwei Tage ohne Steckdose über die Runden. Das ist mit anderen Tablets auf ARM-Basis vergleichbar. Der Akku ist übrigens nicht austauschbar. Auch hier gleichen die Surface-Modelle der Konkurrenz: Wechselakkus sind immer seltener anzutreffen.
Kamera und Sound: Gemischte Eindrücke
Über den Sinn einer Fotokamera an einem Tablet lässt sich streiten, über die Qualität der Aufnahmen des Surface Pro 2 hingegen nicht. Mit 1.280 x 720 Pixeln (720p), die sowohl die Front- als auch die Rückkamera liefern, scheitert es schon an der Auflösung. Diese Webcams eigenen sich für Videochats – das war es aber schon. So gesehen hätte sich Microsoft die Linse auf der Rückseite ganz sparen können. Beim Surface 2 sieht es etwas besser aus. Trotz des niedrigen Preises spendiert der Hersteller diesem Tablet eine etwas bessere Kamera.
Die Linse auf der Vorderseite schießt Fotos mit 3,5 Megapixeln, die Rückseite bringt es immerhin auf fünf Megapixel. Bei Tageslicht sehen die Fotos recht brauchbar aus, doch schon bei leichter Dämmerung fängt das große Rauschen an. Zudem scheint Kunstlicht der Optik Probleme zu bereiten. Der automatische Weißabgleich macht hier keine gute Arbeit; manuell lässt er sich nicht nachjustieren. So ist auch das Surface 2 eher etwas für Fans von Videochats, denn für Fotofreunde – auch wenn es seinem großen Bruder ein gutes Stück voraus ist.
Beim Sound sieht die Sache genau anders herum aus: Die Lautsprecher des Surface Pro 2 klingen eindeutig besser, obwohl sie sich hinter der rückseitigen Abdeckung verstecken. Die Stereoboxen des Surface 2 liegen hingegen auf der rechten und linken Seite des Gehäuses. Trotzdem geben sie einen zu grellen und blechernen Klang ab. Sie sind zwar etwas lauter, dafür fehlt es an Bass. Für audiophile Nutzer sind natürlich beide Systeme nicht geeignet, doch auf Kopfhörer oder externe Lautsprecher können Nutzer des Surface Pro 2 eher verzichten.
Zubehör: Touch Cover vs. Type Cover
Als optionales Zubehör bietet Microsoft ansteckbare Tastaturen namens Touch Cover und Type Cover an. Beide werden magnetisch an der Unterseite der Surface 2-Geräte befestigt und sitzen damit recht fest am Gehäuse. Beim Touch Cover handelt es sich um eine drei Millimeter dicke Filzmatte, auf der die Tasten quasi aufgedruckt sind. Das Tippen ohne haptisches Feedback wie bei normalen Keyboard-Tasten ist ungewohnt, funktioniert aber besser als erwartet. Trotzdem: Für Vielschreibe ist das Touch Cover nicht wirklich geeignet – zumal es mit 120 Euro recht teuer ist.
Wer das Surface wirklich als Schreibmaschine nutzen möchte, greift besser zum zehn Euro teureren Type Cover, das echte Tasten bietet, mit gut fünf Millimetern aber etwas höher ist. Beide Cover – sie dienen tatsächlich als auch als schützende Abdeckung fürs Display – sind beleuchtet. Das Surface mit Tastatur ähnlich wie einen Laptop auf den Schoß zu stellen, ist aber eine eher wackelige Angelegenheit – auch wegen des Kickstands.