Zusammen mit dem neuen Flaggschiff-Smartphone hat Samsung gleich drei neue Smartwatches vorgestellt. Neben zwei Weiterentwicklungen der Galaxy Gear sorgte bei Fitness-Begeisterten vor allem die Galaxy Gear Fit für Aufsehen. Wir haben die Uhr ausführlich getestet und kommen zu einem gemischten Ergebnis.
Samsung präsentierte während des Mobile World Congress 2014 in Barcelona Anfang Februar völlig überraschend die Smartwatch Galaxy Gear Fit. Im Vorfeld stellte das Unternehmen die beiden Smartwatches Gear 2 und Gear 2 Neo vor, die beide eine kleine Weiterentwicklung gegenüber der ersten Gear darstellten. Die Gear Fit beeindruckte uns jedoch durch ihr neues Konzept.
Tolles Design, mäßige Materialien
Im Gegensatz zu den andern Smartwatches von Samsung besitzt die Galaxy Gear Fit ein schmales, längliches Display mit einer Diagonale von 1,84 Zoll. Als echte Neuerung sticht dabei das gebogene Display ins Auge. Durch die Krümmung passt sich die Uhr an das Handgelenk des Trägers an – das Tragen ist angenehmer als bei den meisten anderen Smartwatches.
Linktipp – Galaxy Gear S: Smartwatch mit Smartphone-Fähigkeiten
Das Gehäuse der Galaxy Gear Fit ist leider aus nicht sehr hochwertig wirkendem Plastik gefertigt. Außerdem ist die Uhr relativ dick, was ihrem schmalen Formfaktor geschuldet ist: Irgendwo muss die ganze Hardware schließlich hin. Richtig klobig ist die Gear Fit jedoch nicht. Am rechten Gehäuserand sitzt der einzige Knopf der Uhr, der als Power-Knopf und Home-Button gleichzeitig dient. Auf diesen Knopf kann der Nutzer in den Einstellungen zudem den Start einer bestimmten App mittels eines Doppel-Klicks legen. Die Bedienung erfolgt ansonsten über das Display.
Das Gummi-Armband sieht zwar nicht besonders edel aus, erfüllt dafür aber einen praktischen Zweck: Die Galaxy Gear Fit ist in erster Linie als Fitness-Smartwatch gedacht. Ein Leder-Armband würde unter diesen Einsatzbedingungen nach kurzer Zeit hässlich aussehen. Ein Armband aus Metall wäre beim Sport zu unangenehm. Das Uhrenband ist zudem austauschbar. Samsung bietet auf der eigenen Webseite Gummi-Armbänder in den Farben Schwarz, Grau, Blau, Grün, Orange und Rot an.
Hardware erfüllt die Anforderungen
Das schmale aber hohe AMOLED-Display besitzt eine Auflösung von 432 x 128 Pixel. Für einen Bildschirm dieser Größe ist die erreichte Pixeldichte von 224 ppi völlig ausreichend. Der Dual-Core-Prozessor taktet mit 1 GHz. Der Arbeitsspeicher liegt bei 512 MB, der interne Speicher bei 4 GB.
Linktipp – Samsung stellt neue Smartwatches Gear 2 und Gear 2 Neo vor
Die Galaxy Gear Fit verbindet sich via Bluetooth 4.0 mit dem Smartphone oder Tablet. Diese Verbindung ist notwendig, um den vollen Funktionsumfang der Smartwatch nutzen zu können. Einen eigenen SIM-Karten-Slot hat Samsung nämlich nicht verbaut. Auch WLAN fehlt. Für jede Art von Internet-Verbindung ist also eine Bluetooth-Verbindung mit einem weiteren Gerät notwendig. Allerdings müssen Käufer der Uhr beachten, dass die Gear Fit nur mit 20 verschiedenen Samsung-Smartphones und –Tablets gepaired werden kann. Alternativ können sich Besitzer eines Smartphones von einem anderen Hersteller auch die APKs der Apps „Gear Manager“ und „Gear Fit Manager“ herunterladen und so die Uhr beispielsweise mit dem HTC One M8 verbinden. Voraussetzung ist jedoch, dass auf dem Gerät das Betriebssystem Android 4.4.2 läuft.
Linktipp – Galaxy Gear Solo: Samsung plant Smartwatch mit SIM-Karten-Slot
Ihre Energie bezieht die Galaxy Gear Fit von einem Lithium-Ionen-Akku, der eine Kapazität von 210 mAh besitzt. Bei einer durchschnittlichen Nutzung hält eine Akku-Ladung für drei bis vier Tage. Das ist ein ausreichender Wert.
Eine Kamera oder ein Mikrofon hat die Uhr nicht. Auch einen Kopfhörer-Ausgang suchen wir vergeblich. Lediglich auf der Unterseite der Uhr hat Samsung fünf Pins verbaut, über die die Galaxy Gear Fit mittels einer mitgelieferten Ladeschale und eines microUSB-Kabels geladen wird. Ebenfalls auf der Unterseite der Uhr – und damit direkt auf der Haut des Trägers – sitzt ein Sensor, dessen Zweck auf den ersten Blick nicht ganz klar ist. Bei genauerem Hinsehen stellt sich jedoch heraus, dass dieser Sensor, den wir auch bei der Gear 2, der Gear 2 Neo und dem Galaxy S5 finden, der Pulsmessung des Uhrenträgers dient.
Die Crux liegt in der Software
Für den vollen Funktionsumfang der Gear Fit haben wir es mit einem Galaxy S5 via Bluetooth verbunden. Diese Einrichtung geht fast wie von alleine. Das Smartphone lädt selbstständig die benötigten Apps herunter und aktualisiert die Software der Uhr, nachdem wir auf beiden Geräten bestätigt hatten, dass wir sie auch tatsächlich miteinander verbinden wollen.
Linktipp – Bildergalerie: Die 11 tollsten App-Konzepte für die Moto 360
Apropos Update: Samsung hat kurz vor dem Marktstart der Galaxy Gear Fit einen großen Fehler durch ein Update des hauseigenen proprietären Betriebssystems korrigiert. Das Display konnte sämtliche Informationen und Symbole lediglich im Querformat anzeigen. Um die Uhr bedienen zu können, musste der Träger seine Hand in einer unnatürlichen Haltung direkt vor sich halten, wobei der Arm nach „oben“ gerichtet werden musste. Nun hat der Kunde in den Einstellungen die Möglichkeit zwischen horizontaler und vertikaler Ausrichtung zu wählen.
Die Funktionen der Gear Fit sind relativ beschränkt. Neben einem Schrittzähler, einem Timer, dem Pulsmesser und einer Stoppuhr, finden wir einen Schlaf-Tracker, ein Medienkontrollzentrum, eine Trainings-App und die Funktion „Gerät suchen“ vor. Außerdem kann das verbunden Smartphone Nachrichten direkt an die Uhr weiterleiten.
Die Namen der Apps versprechen allerdings mehr als die Programm tatsächlich beherrschen. Der Schlaf-Tracker zeichnet lediglich auf, wie lange der Träger der Gear Fit geschlafen hat. Beginn und Ende der Nacht muss man zudem manuell bestätigen. Der Schrittzähler ist relativ ungenau und die Stoppuhr erlaubt nur maximal drei Runden-Zeiten, weil dann der Bildschirm voll ist und nicht gescrollt werden kann.
Linktipp – Wozniak bezeichnet Galaxy Gear als wertlos – setzt als letzte Hoffnung auf die iWatch
Der Pulsmesser funktioniert überraschend zuverlässig, die Trainings-App ist dagegen leider sehr rudimentär gehalten: Der Besitzer der Gear Fit kann zwar auswählen, ob er gerade Rad fährt, joggt, geht oder wandert – viel mehr als eine Puls-, Distanz- und Kalorien-Anzeige bekommt er am Ende einer Einheit aber nicht. Jede Fitness-App für Smartphones hat einen höheren Nutzwert.
Das Medien-Kontroll-Zentrum erlaubt lediglich eine bereits erstellte Playlist auf dem Smartphone oder Tablet mit „Play“, „Pause“, „Vorwärts“ oder „Rückwärts“ fernzusteuern und die Lautstärke zu regeln. Auch Nachrichten können lediglich gelesen, nicht jedoch beantwortet werden. Wer keine Lust hat, die Gear Fit ständig über den Power-Knopf aus dem Stand-By zu wecken, der kann den gleichen Effekt auch über ein schnelles Anheben der Uhr erzielen – so ganz zuverlässig funktioniert dieses Feature allerdings nicht.
Das Ziffernblatt der Galaxy Gear Fit ist relativ vielseitig. Neben 16 verschiedenen Stilen kann der Träger sich außerdem bestimmte Zusatzinformationen, wie das Datum, das Wetter, eine zweite Zeitzone, einen Kalendereintrag oder die Schrittzahl direkt unterhalb der Uhrzeit anzeigen lassen. Wie lange der Timer noch heruntertickt oder wie lange die Stoppuhr schon läuft muss jedoch in der jeweiligen Funktion selbst nachgeschlagen werden. Schade ist auch, dass fast alle Ziffernblätter die Zeit im Querformat anzeigen. Wer nicht alle 16 Anzeigen auf der Uhr findet, der muss in der Gear-Fit-Manager-App auf dem Smartphone nachsehen. Hier verstecken sich einige der ausgefalleneren Optionen. Bei den Farbthemen bietet Samsung mehrere Optionen an. So richtig überzeugt hat uns allerdings nur der pechschwarze Hintergrund.
Fazit
Samsung hat mit der Galaxy Gear Fit versucht, eine Mischung aus Smartwatch und Fitness-Tracker zu bauen. Der Uhr fehlen einige Funktionen der Gear 2, so kann sie keine Fotos aufnehmen und man kann mit ihr nicht telefonieren. Dafür ist sie schmaler sowie leichter und stört deshalb bei sportlichen Aktivitäten deutlich weniger als die (immer noch) große Gear 2.
Linktipp – Google Wear: Google kündigt Betriebssystem für Wearables an
Das Gehäuse ist weiterhin noch recht dick und leider aus Preisgründen aus Plastik gefertigt. Ansonsten gibt es am Design und der Hardware wenig bis nichts auszusetzen. Für Fitness-begeisterte ist sie die perfekte Uhr, zumal sie auch noch bis zu einer halben Stunde in einer Wassertiefe von bis zu einem Meter überleben kann (IP67-Zertifizierung). Wäre da nicht die Software.
Denn beim Funktionsumfang und der Bedienung erwartet Samsung noch sehr viel Arbeit. Viele Funktionen sind so rudimentär, dass sie eigentlich nutzlos sind. Man denke dabei nur an den Schlaf-Tracker, der einfach nur eine spezialisierte Stoppuhr ist. Auch die Bedienung ist noch nicht ausgereift. In der Stoppuhr kann man zum Beispiel nicht scrollen und deshalb mehr als drei Rundenzeiten stoppen. Die laufende Zeit wird außerdem nur in der Stoppuhr angezeigt, jedoch nicht auf dem Ziffernblatt, wodurch ihr Nutzerwert deutlich steigen würde.
Die Galaxy Gear Fit ist vielleicht die beste Smartwatch für Sportler, die es derzeit gibt. Eine Kaufempfehlung können wir trotzdem nicht geben. Die Technologie ist einfach noch nicht reif für ein Zeitalter der Smartwatches.