Test

Nexus 5 getestet: Google für die Massen

Und dann ging alles ganz schnell: Nach Monaten der Spekulationen im Android-Fanlager hat Google am 31. Oktober die Katze aus dem Sack gelassen und das Nexus 5 vorgestellt. Ganz ohne Riesen-Keynote und milliardenschwere Werbekampagnen. Echte Überraschungen jenseits der Gerüchteküche hatte das neue Google-Smartphone dabei nicht zu bieten. Warum es trotzdem eine der interessantesten Neuheiten des Jahres ist, verrät unser Test.

Die Nexus-Reihe steht traditionell für Android in seiner pursten Form. Ebenso traditionell erscheint das Nexus 5 mit einer neuen Android-Version, namentlich Android 4.4 alias „Kit Kat“. Für die Hardware hat Google wie schon beim Vorgänger erneut mit LG zusammengearbeitet. Dabei teilt sich der Google-Neuling Elemente seines Innenlebens mit dem Flaggschiff der Südkoreaner, dem G2, das uns in unserem Test begeistern konnte.

Vor allem der schnelle Snapdragon 800 SoC und ein Kameramodul mit optischen Bildstabilisator (das allerdings nur mit 8 statt 13 Megapixeln knipst) sollen das Nexus 5 konkurrenzfähig machen. Und dann wäre da natürlich der Preis: Das Nexus 5 mit 16 GB internen Speicher wechselt für 349 Euro den Besitzer, für die 32 GB-Version verlangt Google im Play Store 399 Euro. Damit liegt der Einstiegspreis zwar höher als beim Nexus 4, dessen 8 GB-Variante hatte aber angesichts des fehlenden SD-Kartenslots ohnehin nicht viele Fans. Auch der Speicher des Nexus 5 lässt sich nicht erweitern, dafür funkt der Neuling endlich auch in den schnellen LTE-Netzen.

Gehäuse: Schlicht und elegant

War das Nexus 4 mit seiner glänzenden Rückseite aus Glas vergleichsweise extravagant gestaltet, setzt LG beim Nexus 5 auf Understatement. Die komplett schwarze Gehäusefront wird vom FullHD-Touchscreen dominiert, der von 4,7 auf 4,95 Zoll gewachsen ist. Überraschenderweise ist die Materialwahl für das Display des Nexus 5 auf das neuere Gorilla Glass 3 von Corning gefallen, das Kratzer und Stöße noch besser abfangen soll; beim deutlich teureren LG G2 ist noch die zweite Generation des Gorilla Glas verbaut.

Die einzigen optischen Ausreißer auf der Vorderseite sind die Ohrmuschel in Punktform und die Frontkamera. Die Rückseite des Nexus 5 besteht aus Plastik, dessen angeraute Textur sich aber überraschend weich und weitaus hochwertiger anfühlt, als der typische Hochglanz-Kunststoff von Samsung, LG und Co. Wie beim neuen Nexus 7 ziert ein eingelassener Nexus-Schriftzug die Rückseite des N5. Davon abgesehen fällt lediglich der leicht erhöhte Ring um die Kamera auf, der dafür sorgt, dass das Nexus 5 nie ganz eben aufliegt. Auf Experimente wie rückseitige Tasten haben LG und Google verzichtet, die Bedienung erfolgt über die (etwas scharfkantige) Lautstärkewippe links und den Power-Knopf auf der rechten Seite.

In Kombination mit der guten Verarbeitung (ein Knarzen oder auffällige Spaltmaße konnten wir im Test nicht feststellen) hat es LG geschafft, dass sich das Nexus 5 trotz des vergleichsweise günstigen Preises nach „Premium“ anfühlt. Das liegt auch daran, dass sich die Gehäusemaße angenehm im Rahmen halten. Mit Außenmaßen von 138 x 69 x 8,6 Millimetern ist es zwar minimal länger und breiter als sein Vorgänger, dafür aber mit 130 Gramm gut 10 Gramm leichter. Im Vergleich mit 5 Zoll-Kloppern wie dem Sony Xperia Z1 wirkt das Nexus 5 dafür fast zierlich – und das meinen wir im positiven Sinn!

Android 4.4: Google im Fokus

Wie immer gilt: Wer Android in Reinform erleben möchte, kommt am Nexus-Branding nicht vorbei. Auf den ersten Blick scheinen die Änderungen von KitKat auf dem Nexus 5 im Vergleich zum Vorgänger Android 4.3 Jelly Bean allerdings eher von kosmetischer Natur zu sein. So sind die Symbole in der Statusleiste nun weiß statt blau, die Icons im neuen Google-Standardlauncher ein Stück größer und Menü- und Statusleiste erscheinen in bestimmten Apps transparent.

Linktipp – Google will Nexus-Reihe zugunsten von „Silver“ einstellen

Die auffälligste Neuerung ist die tiefere Integration von Google Now: Der Suchassistent lässt sich jederzeit per Wischer von links nach rechts auf dem Homescreen einblenden. Überhaupt ist das Nexus 5 das bislang „googleigste“ Smartphone überhaupt: Von Gmail und Maps über den Notizdienst Keep und Google+ bis hin zur kürzlich vom Suchriesen aufgekauften Office-Suite Quick Office (die wiederum Dokumente von Google Drive öffnen kann) befindet sich so gut wie jeder Google-Dienst ab Werk auf dem Nexus 5. Das mag nicht jedermanns Sache sein, allerdings halten sich die Google-Apps größtenteils zurück und können bei Bedarf deaktiviert werden. Im Vergleich zu manch überfrachteter Hersteller-UI auf anderen Smartphones wirkt Android 4.4 auf dem Nexus 5 trotz Google-Überfluss angenehm schlank.

Alle Neuerungen von Android 4.4 werden wir euch in einem separaten Artikel präsentieren.

Display: Scharf und farbecht

FullHD-Displays gehören in der Android-Oberklasse mittlerweile fast schon zum guten Ton. Auch das 4,95 Zoll große IPS-Panel des Nexus 5 löst mit 1.920 x 1.080 Pixeln auf, was selbst feinste Texte problemlos lesbar macht. Auch sonst hat LG seine Hausaufgaben gemacht: Wo Käufer des Nexus 4 trotz ordentlichen Displays über leicht verwaschene Farben klagten, wirkt der Nexus 5-Bildschirm sehr viel lebendiger.

Das ist auch gut so, denn im Gegensatz zu vielen anderen Herstellern verzichtet LG beim Nexus 5 auf die Option, zwischen unterschiedlichen Farbprofilen zu wechseln. Auch bei der Helligkeit und der Blickwinkelstabilität kann das Nexus 5 überzeugen. Zwar erreicht es in diesen beiden Disziplinen nicht ganz das Niveau des iPhone 5S, wir konnten es auf der höchsten Helligkeitsstufe aber dennoch problemlos unter freien Himmel und bei Sonnenlicht bedienen. Insgesamt überzeugt uns das Display, Surfen, Mailen und Filme machen auf dem Nexus 5 einfach Spaß.

Kamera: Besser, aber nicht Spitze

Vom Nexus One bis zum Nexus 4, im Vergleich zur Konkurrenz, war die Kamera immer so etwas wie die Achillesverse der Google-Smartphones. Beim Nexus 5 soll dies nun endlich anders werden – was auch gelingt, zumindest im direkten Vergleich mit den Vorgängern. Wo das Nexus 4 beim geringsten Anzeichen von Dunkelheit nur schemenhafte Fotos produziert, gelingen uns Nachtaufnahmen mit dem Nexus 5 erfreulich oft.

Möglich wird dies durch den optischen Bildstabilisator, der auch ohne ruhige Hand ordentlich Licht einfängt. In der absoluten Oberklasse der Smartphone-Kameras spielt das Nexus 5 dennoch nicht mit. Zu oft misslingen in unserem Test Bilder, weil sich ein Objekt zu schnell bewegt und der Sensor nicht nachfokussiert. Bei kontrastreichen Motiven empfiehlt es sich zudem, den neuen HDR+ Modus zuzuschalten, der auch einen wolkenverhangenen Himmel einfängt und noch realistischere Farben produziert.

Allerdings dauert die Aufnahme eines HDR+-Fotos rund zwei Sekunden, weshalb sich dieser Modus noch weniger für bewegte Motive eignet. Auch muss bei HDR-Aufnahmen auf den Einsatz von digitalen Zoom oder dem LED-Blitz verzichtet werden, wobei letzterer ohnehin nicht der beste seiner Art ist. Wir haben die Hoffnung, dass Google mit einem Software-Update noch etwas mehr aus der Kamera herauskitzeln kann, denn rein hardwaretechnisch ist die Nexus 5-Kamera das Beste, was bislang aus der Google-Schmiede kam.

Der gefühlt schnellste Androide

Absolut keine Blöße gibt sich das Nexus 5 in Sachen Performance. Der verbaute Snapdragon 800 SoC von Qualcomm konnte uns schon beim LG G2 und dem Sony Xperia Z1 hellauf begeistern und lässt auch unter KitKat ordentlich die Muskeln spielen. Jedes noch so aufwändige Grafikspektakel aus dem Play Store läuft absolut ruckelfrei, der Bildschirm reagiert verzögerungsfrei auf alle Eingaben und selbst das Multitasking scheint sauberer zu funktionieren, als auf anderen Geräten mit ebenfalls 2 GB RAM.

Linktipp – Baut LG das Nexus 6?

Das Nexus 5 ist offensichtlich wie geschaffen für Android 4.4: Auch wenn es im Antutu 4-Benchmark mit „nur“ rund 27.000 nicht an erster Stelle landet, fühlt sich das Google-System so rund an, wie noch nie zuvor. War das Nexus 4 schon ordentlich flott, erreicht die Android-Bedienung auf dem Nexus 5 einen Wohlfühl-Faktor, bei dem selbst die oft unkende Konkurrenz aus dem iOS- oder Windows Phone-Lager verstummt.

Auch in Sachen Konnektivität müssen diesmal keine Abstriche gemacht werden. Ob schnelle LTE-Downloads, NFC-Kopplung, Bluetooth 4.0 oder WLAN in schnellen 802.11ac-Netzen, das Nexus 5 ist für alle aktuellen Funkstandards gerüstet. Wir rechnen es LG hoch an, dass wir trotz all dieser Leistung und dem mit 2.300 mAh nicht eben gigantisch proportionierten Akku faktisch immer einen langen Arbeitstag überstehen. Im Videotest mit 50 Prozent Helligkeit hält das Nexus 5 fast 7 Stunden durch, wo der Vorgänger schon nach weniger als fünf Stunden die Segel gestrichen hat. Die von Google versprochenen Leistungsoptimierungen in Android 4.4 scheinen tatsächlich mehr zu sein als bloße Papiertiger.

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